2022

Das ehemalige Kontorhaus der Firma “Leder-Schüler” in Hammerbrook steht als herausragendes Beispiel des Hamburger Backstein-Expressionismus unter Denkmalschutz und sollte eigentlich ab 2019 denkmalgerecht saniert werden. Als man das Gebäude jedoch genauer untersuchte, wurden so große Bauschäden deutlich, dass das Denkmalschutzamt 2021 dem Abriss zustimmen musste.

Das in Hammerbrook neben dem Berliner Bogen gelegene Kontorhaus wurde 1928 nach Plänen von Fritz Höger errichtet, der auch das Chilehaus plante - heute elementarer Teil des UNESCO-Weltkulturerbes Speicherstadt und Kontorhausviertel. Das Gebäude besteht aus zwei Flügeln, die zum Heidenkampsweg und der heutigen Nordkanalstraße liegen. Der Baukörper mit seiner dunklen Backsteinfassade aus Este-Klinker und den darin eingelassenen grünen Fensterrahmen ist entsprechend der Struktur des Stahlskeletts vertikal definiert. Ergänzt wird er durch ein dreigliedriges, über den Basis-Baukörper herausragendes Element, an dessen Stirnseite der prägnante Schriftzug angebracht wurde. Das Denkmalschutzamt bescheinigt dem Gebäude in seiner Erläuterung zum Denkmalwert eine große architekturgeschichtliche Bedeutung.

Die Räume im Erdgeschoss beherbergten lange unterschiedliche Musik- und Tanzlokale, bereits seit 2012 steht die Fläche leer. In den 1960er und 1970er Jahren befand sich der Folklore-Club Danny's Pan in den Räumlichkeiten, der für einige nationale sowie internationale Künstlerinnen und Künstler den Einstieg in die Musikszene ermöglichte. Mitte der 1980er Jahre folgte das FRONT, ein populärer Schwulenclub, der als einer der ersten Clubs Deutschlands bekannt wurde, in dem House gespielt wurde.

2019 kauften die Investoren PEG Hamburg und Reiß & Co. das bereits seit mehreren Jahren leerstehende Gebäude und begannen, seine Substanz zu untersuchen. Als dabei statische Schäden am Stahlskelettbau sowie an der tragenden Fassade zutage tragen, wurde der Bau geräumt und zum Schutz der Passantinnen und Passanten eingerüstet. In den nachfolgenden Untersuchungen deckten mehrere Gutachten, unter anderem von “WP Ingenieure”, so grundlegende bauphysikalische Schäden in den Bereichen des Tragwerkes und der Fassade des fast 100-jährigen Kontorhauses auf, dass sein Erhalt als Baudenkmal nicht mehr möglich erschien.

Dr. Anna Joss, Leiterin des Denkmalschutzamtes, fasste in einer gemeinsamen Presseerklärung mit den Investoren im Dezember 2021 zusammen:
„Der bauliche Zustand des Kontorhauses ‚Leder-Schüler‘ am Heidenkampsweg hat sich auch nach gründlicher Zweitbegutachtung als ausgesprochen ernüchternd erwiesen. Selbst bei einer grundlegenden Sanierung müsste das Gebäude so umfassend erneuert werden, dass von der Originalsubstanz so wenig erhalten bleibt, dass das Gebäude seinen Status als Denkmal verliert. Ein Erhalt als Denkmal ist damit schlicht nicht möglich. Ich bedaure sehr, dass wir das Denkmal nicht erhalten können und würde es begrüßen, wenn wenigstens der Neubau die Baugeschichte des historischen Kontorhauses aufgreifen könnte.“

Die Investoren planen aktuell ein Werkstattverfahren zur Neuentwicklung des Grundstücks. Im April 2022 hatte eine kleine Delegation von Mitgliedern des Denkmalvereins und am Gebäude Interessierten die Gelegenheit, den aktuellen Zustand der Innenräume zu begutachten - die Eindrücke dieser Besichtigung sind in der Bildergalerie oben zu finden.

Foto Fassade entfernt: Staro 1, creative commons via wikimedia commons
Fotos Fassade nah: Winfried Prehn
Fotos Begehung April 2022: Kristina Sassenscheidt