2020

Zwischen 1986 und 1990 entstand am Moosrosenweg 18 in Bramfeld das sogenannte "Berufsbildungszentrum der HEW" für die Lehrlingsausbildung für den technischen und kaufmännischen Nachwuchs des Unternehmens und wurde nun abgerissen.

Der Entwurf stammt von dem renommierten Hamburger Architekten Volkwin Marg vom Büro "Von Gerkan, Marg & Partner" (gmp). Dennoch wurde das architektonisch anspruchsvolle Gebäude-Ensemble abgerissen, da der Stromkonzern und heutige Eigentümer Vattenfall es aufgegeben hat und die gesamte Gegend mit einem neuen Stadtteil überplant wird.

In Ralf Langes Architekturführer (1995, S. 201) heißt es zu dem Gebäude-Komplex: "Verwaltung, Werkstätten und Kantine gruppieren sich um eine zweigeschossige, glasgedeckte Passage mit umlaufender Galerie. Der Bau erinnert nicht nur von ungefähr an Mies van der Rohes Entwürfe für das Illinois Institute of Technology in Chicago. Die mit gelben Ziegeln ausgefachten Stahlträger der Fassaden werden in Bramfeld ebenso zitiert wie die berühmte Negativecke. Bemerkenswert ist auch der Sonnenschutz an den Außengalerien, der aus Sonnenkollektoren besteht." - Ökologische und energiesparende Aspekte kommen an mehreren Stellen zum Tragen und entfalten damit auch pädagogische Wirkung: Die Pausenhalle wirkt als Wärmepuffer, das Regenwasser wird gespeichert, es gibt Dachbepflanzungen und einen Pausenhof mit Feuchtbiotop.

Das ehemalige HEW Ausbildungszentrum war erhaltenswert, weil sowohl die Gebäude als auch ihre Außenanlagen eine hohe architektonische Qualität besitzen. Das Ensemble repräsentierte zudem in hervorragender Weise die seit den 1980er Jahren immer wichtiger werdenden Bestrebungen des ökologischen bzw. ressourcensparenden Bauens in Deutschland. Mit dem Abriss geht nicht nur ein wichtiges Dokument der jüngeren – und deshalb besonders gefährdeten – Architekturgeschichte Hamburgs verloren. Es wird zudem die „graue Energie“ dieser nicht einmal 40 Jahre alten Gebäude vernichtet, was im vorliegenden Fall besonders widersinnig erscheint.

Der Denkmalverein Hamburg plädierte daher in mehreren Presse-Statements dafür, die vorhandenen materiellen, baukulturellen und freiräumlichen Ressourcen in eine zukunftsfähige Quartiersentwicklung zu integrieren. Das Ausbildungszentrum, das mit seiner großen Pausenhalle auch von Dritten für öffentliche Veranstaltungen genutzt wurde, hätte sich für eine Kombination aus Schulerweiterung, Ganztag und Räumen für Stadteilkulturarbeit angeboten. Der überdurchschnittlich gut gestaltete Freiraum hätte ohne weitere Investitionen als Verbindungsscharnier zwischen Wohnen und Schulerweiterung bzw. Stadtteilkulturzentrum genutzt werden können (vgl. Visualisierung auf Basis eines Luftbildes vom Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung). Die Denkmalwürdigkeit von Gebäude und Außenanlage war offensichtlich, aber eine Integration von herausragenden Bestandselementen in eine nachhaltige Quartiersentwicklung sollte darüber hinaus auch ohne Denkmalschutz als planerisches Muss gelten.

Anfang 2020 erteilte das Bezirksamt Wandsbek mit Rückendeckung des Senats die Abrissgenehmigung für den Abriss des denkmalgeschützten Ensembles. Um in Zukunft eine rechtzeitige Erfassung junger Denkmäler zu gewährleisten, wurde - auch infolge der öffentlichen Debatte um das Schulungszentrum - die Abteilung für Denkmalkunde im Denkmalschutzamt personell aufgestockt.

Fotos aus der Bauzeit: Heiner Leiska
Aktuelle Fotos: Fotografie Dorfmüller | Klier; Antipas Papageorgiou
Pläne: gmp Architekten