Hamburg, 04.02.2025
Das Gebäude der Hamburgischen Staatsoper aus dem Jahr 1955 ist ein Hauptwerk der Nachkriegsmoderne und zeugt als Institution zugleich von dreieinhalb Jahrhunderten bürgerlichen Engagements. Hamburg besitzt mit dem Bau eine traditionsreiche Spielstätte, die eine sehr gute Akustik hat und nur saniert werden muss. Es wäre daher weder baukulturell noch finanziell zu verantworten, dieses zentral gelegene Haus einer unklaren Zukunft zu überlassen und stattdessen für viel Geld einen Neubau an den Südrand der HafenCity zu stellen.
Wir fordern stattdessen:
- Das denkmalgeschützte Gebäude an seinem historischen Standort muss auch in Zukunft als Hamburgische Staatsoper genutzt werden.
- Die Öffentlichkeit muss informiert werden, sowohl über den aktuellen Sanierungsbedarf des Gebäudes als auch über die Gesamtkosten eines möglichen Neubaus, die voraussichtlich weit über den von Klaus-Michael Kühne angekündigten 330 Mio. € liegen werden. Außerdem müssen die langfristigen Folgekosten für den Betrieb beziffert werden.
- Eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit ist die Voraussetzung für jede weitere mögliche Konsequenz.
Begründung
Gerhard Webers Zuschauerhaus der heutigen Staatsoper ist eines der prägenden Hamburger Baudenkmäler der Nachkriegsmoderne und der expressionistische Bühnentrakt der 1920er-Jahre ein qualitätvolles Werk des Architekturbüros Distel & Grubitz. Standort und Dimensionen gehen auf den 1827 von Carl Ludwig Wimmel errichteten und 1871 von Martin Haller erweiterten Vorgängerbau zurück, der wiederum in der Nachfolge der 1678 gegründeten Oper am Gänsemarkt stand – keine andere weltliche Institution unserer Stadt ist schon so lange am selben Platz ansässig. Bereits im März vergangenen Jahres hatte der Hamburger Denkmalrat in einer öffentlichen Stellungnahme einen umfassenden Bestandsschutz für das heutige Opernhaus sowie die Zusage einer Nutzungskontinuität gefordert.
Die Oper steht in einer beeindruckenden Tradition der Bürgerkultur. Der Neubau nach dem Zweiten Weltkrieg wurde maßgeblich von Hamburger Bürger:innen finanziert und initiiert durch den Hamburger Unternehmer Alfred Toepfer. Der heutige Vorsitzende der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. hat sich bereits 2022 im Hamburger Abendblatt für die Erhaltung der Staatsoper am jetzigen Ort ausgesprochen und die Neubau-Vorschläge als “Danaergeschenk” bezeichnet.
Die Oper liegt zentral am Dammtorbahnhof, aus allen Richtungen leicht erreichbar mit Bus, U- und S-Bahn sowie Regional- und Fernzügen. Bei einem Umzug würde die ohnehin darbende Hamburger Innenstadt einen herausragenden kulturellen Anziehungspunkt verlieren.
Ein Neubau in der HafenCity mit unkalkulierbaren Kosten ist weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll. Der bisherige Bau bliebe auch mit neuer Nutzung voraussichtlich in städtischem Besitz, eine notwendige Sanierung müsste somit trotzdem bezahlt werden. Das öffentliche Geld, das in eine neue Oper fließen würde, wird an anderen Stellen viel dringender gebraucht, nicht zuletzt für kulturelle Großprojekte wie Naturkunde- oder Deutsches Hafenmuseum.
Eine so wichtige Entscheidung zur Architektur, Stadtentwicklung und Denkmalpflege wie die Zukunft der Oper auf einem öffentlichen Grundstück sollte in einem ergebnisoffenen Prozess und auf der Grundlage einer breiten fachlichen, zivilgesellschaftlichen und politischen Diskussion getroffen werden - und nicht nach den Wünschen eines einzelnen privaten Geldgebers, auch um gerade jetzt nicht das Vertrauen in die Demokratie zu beschädigen.
Erstunterzeichner:innen (Stand 4. Februar):
Denkmalverein Hamburg e.V.
Bettina Bermbach, Kulturmanagerin
Alexandra Czerner, Architektin+Stadtplanerin DASL
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Dickhaut, HafenCity Universität Hamburg (HCU)
Prof. Monika Grubbauer, HafenCity Universität Hamburg (HCU)
Prof. Dr.-Ing. Sabine Hansmann, HafenCity Universität Hamburg (HCU)
Boris Hohmeyer, Kunstjournalist
Prof. Bernd Kniess, HafenCity Universität Hamburg (HCU)
Dr. Lisa Kosok, ehem. Direktorin des Museums für Hamburgische Geschichte
Prof. Dr. Frank Schmitz, Universität Hamburg, Mitglied im Denkmalrat Hamburg