Hamburg, 09.02.2025
Nach der Sonder-Landespressekonferenz am Freitag zu einem möglichen Neubau der Staatsoper ist der Vorhang zu, aber es sind für uns noch viele Fragen offengeblieben. Wir haben sie nachfolgend zusammengestellt und hoffen nun auf eine Klärung und weitere öffentliche Diskussion.
Der Senat hat verkündet, dass die bestehende Staatsoper zwar nicht mehr als Oper, aber als Theater weitergenutzt werden solle. Die Umnutzung eines denkmalgeschützten Gebäudes erfordert immer einen Umbau und damit Eingriffe in die denkmalgeschützte Substanz. Das Baudenkmal Staatsoper ist durch die Entscheidung des Neubaus auf dem Baakenhöft somit - zumindest in Teilen - gefährdet. Dies gilt umsomehr, als das Gebäude zukünftig von kommerziellen Betreibern genutzt werden soll. Die Gründung einer weiteren staatlichen Theaterstätte in Hamburg wurde jedenfalls von den Senatsvertretern ausgeschlossen. Die vom Senat behaupteten Sanierungskosten von einer Milliarde Euro oder mehr entbehren jeder Grundlage, Vergleiche mit Opernprojekten in anderen Städten führen hier nicht weiter.
- Oder gibt es bereits Bestandsuntersuchungen, Planungen und Kostenermittlungen für Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen an der Staatsoper an der Dammtorstraße?
- Wenn ja, warum sind sie bislang nicht bekannt gemacht worden?
- Warum soll der Neubau einer Oper für eine halbe Milliarde machbar sein, während die Sanierung des Bestandsgebäudes über eine Milliarde kosten soll, wie vom Senat suggeriert?
Der Senat bezuschusst den Bau mit 147,5 Mio. €, stellt ein öffentliches Grundstück mit einem geschätzten Wert von vielen Mio. € zur Verfügung und trägt zudem die Kosten für dessen Herrichtung.
- Wie hoch werden die Kosten für die Herrichtung des Grundstückes sein, die die FHH zusätzlich zu den 147,5 Mio € zahlen wird?
- Sind darin bereits die Erschließungskosten (Wasser, Abwasser, Strom, Wärme, Daten, Verkehr etc.) enthalten?
- Kann die Stadt sich diese Investition überhaupt leisten?
- Warum wurden nicht zuerst die Hamburgerinnen und Hamburger gefragt, ob sie diese Investitionen wollen oder sinnvoller in anderen kulturellen Einrichtungen investiert sähen?
Es ist möglich, dass ein neues Gebäude höhere Betriebskosten (Personal, Energie etc.) erzeugen wird als der denkmalgeschützte Bestandsbau.
- Gibt es bereits Vergleichsrechnungen zu den Betriebskosten im Bestandsgebäude und dem geplanten Neubau?
- Kann zum heutigen Zeitpunkt ausgeschlossen werden, dass die jährlichen Belastungen der Stadt durch einen Neubau steigen werden?
Mehrfach wurde vom Senat auf die Elbphilharmonie als Vorbild verwiesen, über das neues Publikum erschlossen wurde. Die Elbphilharmonie jedoch bietet ein sehr breites musikalisches Spektrum, während die Oper eine Nischen-Gattung ist.
- Wurde geprüft, ob es überhaupt den Bedarf einer zusätzlichen Hamburger Spielstätte gibt?
- Ist es richtig, dass die Hamburgische Staatsoper aktuell keine gute Auslastung hat?
- Geht man tatsächlich davon aus, dass allein über ein neues Gebäude zusätzliches Publikum generiert werden kann?
- Oder ist geplant, das Betriebskosten-Budget zu erhöhen, um ein attraktiveres Angebot für die neue Oper zu schaffen, und wenn ja, woher soll das Geld dafür kommen?
Bei Projekten dieser Größenordnung und Prominenz ist es üblich, offene und internationale Wettbewerbe auszuloben. Diese sind am besten geeignet, für große und komplexe Bauvorhaben architektonisch, funktional und wirtschaftlich hervorragende Lösungen zu finden. Im nun geplanten Verfahren jedoch kann die Auswahl der Büros – und somit auch das Spektrum der Entwürfe – auf solche begrenzt werden, die der Kühne-Stiftung genehm sind. Die Bewertung der Wettbewerbsbeiträge obliegt zwar einer Jury, an deren Besetzung die FHH beteiligt sein wird. Die Entscheidung über den Siegerentwurf wird am Ende allerdings – auch dies wurde vom Senat deutlich gemacht – bei der Stiftung liegen.
- Warum gibt es für dieses prominente Grundstück keinen offenen und internationalen Wettbewerb, der hochkarätige Einsendungen garantieren würde?
- Warum werden nur fünf Architekturbüros eingeladen?
Es liegt nahe, dass Klaus-Michael Kühne einen Favoriten ins Rennen schicken wird, dessen Entwurf er bereits mehrfach in der Presse erwähnt hat.
- Warum sollten vor diesem Hintergrund die anderen Büros an dem Verfahren mit dem nötigen Engagement teilnehmen?
- Warum hat ein einzelner Geldgeber ein Vetorecht bei der Gestaltung eines so stadtbildprägenden Gebäudes?
Normalerweise werden in Planungsprozessen der Stadtentwicklung zunächst Infrastrukturbedarfe analysiert und dann in eine übergeordnete Bauleit- und Stadtplanung eingearbeitet, bei denen die Stadt die Planungshoheit hat. Und das bringt uns zu der eigentlich wichtigsten Frage:
- Warum soll hier, initiiert durch eine Großspende, ein Projekt realisiert werden, für das es bislang vermutlich keinen Bedarf gibt und das nicht das Ergebnis eines politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses ist, bei dem auch die breite Öffentlichkeit umfassend informiert und beteiligt wurde?