Hamburg, 23.03.2019
Nachdem der Report von ICOMOS (dem Beratungsgremium der UNESCO) zu den Auswirkungen eines Abrisses des City-Hofs auf das Weltkulturerbe Kontorhausviertel vorliegt, zeigt sich, dass die Darstellungen des Hamburger Senats in seiner Pressemitteilung vom 20. März sowie in seiner Stellungnahme vom 19. März einseitig, unvollständig und damit nicht zutreffend sind.
Der Denkmalverein stellt fest:
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Die Aussage in der Stellungnahme des Senats, dass die Frage des Senats, ob ein Abbruch des City-Hofs den Welterbestatus gefährden würde, im ICOMOS-Bericht negativ beantwortet worden sei, ist falsch. Eine solche Aussage ist im Bericht nicht zu finden. Entgegen der Darstellung des Senats macht der ICOMOS-Bericht keine Aussage darüber, ob ein Abbruch des City-Hofs und der projektierte Neubau den Welterbestatus des Kontorhausviertels gefährdet. ICOMOS verweist einzig darauf, dass der City-Hof – wie alle anderen Gebäude in der Pufferzone – aufgrund seines Standortes außerhalb des unmittelbaren Welterbe-Bereichs nicht direkt zum außerordentlichen und universellen Wert des Kontorhausviertels beitrage. Gleichwohl „leiste er einen starken Beitrag zur Pufferzone des Welterbes und dazu, wie diese dem Schutz des Welterbes unterstützt“.
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Der Senat verschweigt in seiner Stellungnahme, dass ICOMOS sich im Bericht mehrmals klar und deutlich für den Erhalt des City-Hofs ausspricht. ICOMOS ist der Ansicht, dass der City-Hof „einen wesentlichen Beitrag zur Bedeutung der Pufferzone als Übergangszone zwischen Welterbe und der umgebenen Stadt leistet, die ein Verständnis für den sozialen, politischen und historischen Kontext des Welterbe ermöglicht.“ Der Ansatz der Stadt (gemeint ist Abriss des City-Hofs und Neubau) steht aus Sicht von ICOMOS „nicht wirklich im Einklang mit den Verpflichtungen aus der Welterbekonvention und dem Denkmalschutzgesetz“.
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Der Senat verschweigt, dass ICOMOS mehrere Aspekte des geplanten Abrisses und Neubaus kritisiert: So werde die Geschichte, die sich in der Pufferzone wiederspiegelt, verloren gehen, weil die Nachkriegszeit nicht mehr präsent wäre. Ein Neubau in Backstein-Optik würde stattdessen „Geschichte verunklaren, indem er an dieser Stelle eine ungebrochene Backsteintradition nach dem Zweiten Weltkrieg suggeriert. Er könnte als historisches Fake-Gebäude verstanden werden…“. Auch die Kritik von ICOMOS, dass der geplante Neubau durch seine monolithische Form und Größe visuell undurchdringlich erscheine und durchseine Länge wichtige visuelle Bezüge wie die Sichtachse vom Deichtorplatz auf die Hauptfassade des Chilehauses abschneide, bleibt unerwähnt.
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Insgesamt kommt ICOMOS im Bericht zu dem Schluss, „dass die Sanierung und nicht die Zerstörung des City-Hofs die geeignete Vorgehensweise ist“.
Zusammenfassend muss man konstatieren, dass der Senat den Bericht von ICOMOS durch einseitige Auslegung und durch Auslassung zentraler Aussagen in unzulässiger Weise instrumentalisiert. Ziel ist es offenbar, der Öffentlichkeit zu suggerieren, ICOMOS sehe keine Gefährdung des Weltkulturerbestatus des Kontorhausviertels durch einen Abriss des City-Hofs und durch einen Neubau, um so die Erteilung einer Abrissgenehmigung für den City-Hof zu rechtfertigen.
Der Denkmalverein fordert deshalb:
Solange ICOMOS bzw. UNESCO nicht abschließend und eindeutig schriftlich erklärt haben, dass ein Abriss des City-Hofs und der geplante Neubau keine Gefährdung des Welterbestatus des Kontorhausviertels darstellt, muss die Abrissgenehmigung ausgesetzt werden und müssen alle Abrissmaßnahmen sowie einen Abriss vorbereitenden Maßnahmen unterbleiben! In einer nach wie vor unklaren Situation dürfen keine unwiderruflichen Tatsachen geschaffen werden.
Die Beeinflussung der Öffentlichkeit durch den Senat zeigt sich im Übrigen auch daran, dass ICOMOS-Bericht und Stellungnahme des Senats nicht in getrennten Dokumenten verbreitet wurden, sondern zusammenhängend in einem (pdf-) Dokument (mit der Stellungnahme der Stadt zuoberst), wodurch der Eindruck entsteht, beides hinge miteinander zusammen und die städtische Stellungnahme sei eine Zusammenfassung des Berichts. Zudem ist zu kritisieren, dass die Stadt den ICOMOS-Bericht nur in englischer Sprache zugänglich macht, was die Lektüre für alle Personen, die der englischen Fachbegriffe nicht mächtig sind, erschwert.
Den Original-Report finden Sie hier.
Die wichtigsten Auszüge haben wir Ihnen hier übersetzt.