Über viele Jahre stand die sogenannte Villa Mutzenbecher im Niendorfer Gehege größtenteils leer und verfiel. Nach langem Ringen und einem großen bürgerschaftlichen Engagement wird die Villa nun peu à peu saniert.
Um 1900 etablierte sich das ländliche Niendorf als Sommerfrische für die Hamburger. Auch der Generaldirektor des Hamburger Versicherungskonzerns Albingia, Hermann Franz Matthias Mutzenbecher, kaufte 68 Hektar des heutigen Niendorfer Geheges, um darauf sein Sommer-Domizil zu bauen - die heutige Mutzenbecher-Villa. Ein heute nicht mehr bekannter Architekt entwarf das Gebäude, und 1908-10 wurde der renommierte Architekt Erich Elingius noch einmal damit beauftragt, den zweigeschossigen Backsteinbau umzugestalten.
Das schlicht wirkende Backsteingebäude besitzt Sprossenfenster, pilasterartige Fensterrahmen mit konsolengestützten Brüstungen und Freigespärre an den Dachgiebeln. Die Grundrisse sind weitgehend im Original erhalten, obwohl einige neue Zwischenwände eingezogen wurden.
2012 war die Zukunft der Villa völlig ungewiss: Viele Jahre schon stand sie größtenteils leer und verfiel, und ein zähes Ringen zwischen Politik und Verwaltung hatte begonnen. Insbesondere die zuständige Mitarbeiterin des Denkmalschutzamtes gab wichtige Impulse für die Erhaltung der Villa. Ebenfalls entscheidend für die Erhaltung des Gebäudes war ihr langjähriger Mieter Marc Schlesinger. Er wohnt seit 1987 in der Villa und konnte durch zahlreiche kleine Reparaturen ihren Verfall zumindest in Teilen aufhalten, obwohl ihm die städtische Immobilienverwaltung SAGA immer wieder mit der Kündigung seiner Wohnung drohte.
Ende 2012 lobten Bezirk, Finanzbehörde und Denkmalschutzamt ein Interessensbekundungsverfahren aus, um doch noch einen Nutzer für das Haus zu finden. Das Konzept von Andreas Reichel und Gerd Knop überzeugte und bekam den Zuschlag. Ihr Verein "Werte erleben e.V." hat die Villa langfristig angemietet und saniert nun das Gebäude. Dabei wird eng mit mehreren Bildungseinrichtungen kooperiert: Schulabgänger und Schüler sollen zusammen mit Studenten der HafenCity Universität unter der Anleitung von Fachleuten die Restaurierungsmaßnahmen planen und ausführen.
Durch den über 30 Jahre andauernden Sanierungsstau gab es große Schäden durch Feuchtigkeit und Schimmel im Inneren. Mit der Sanierung der Veranda und der Wiederherstellung des darüber liegenden Balkons wurde 2019 ein wichtiger Schritt getan. Nachfolgend waren die Installation neuer Haustechnik und schließlich die Sanierung der Innenräume dran.
Seit Abschluss der Sanierung nutzt der Verein Werte erleben e. V. die Villa als Bildungs- und Begegnungsstätte. Die Stadt Hamburg hat die Maßnahmen mit 200.000 Euro unterstützt, zudem wurden weitere 235.000 Euro an Bundesmitteln im Rahmen des Denkmalschutz-Sonderprogramms VIII bewilligt. Darüber hinaus haben mehrere private Stiftungen das Projekt gefördert. An der Sanierung der Villa waren auch die vier Hamburger Gewerbeschulen beteiligt, die für Berufe im Baugewerbe ausbilden. Die Produktionsschule Eimsbüttel konnte Malerarbeiten an Gefachen und Sprossen übernehmen. Auch Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschule Niendorf waren mit einzelnen Projekten an der Sanierung beteiligt. Die Universität Hamburg hat im Rahmen ihrer Lehrer:innen Ausbildung für Berufsschulen das Projekt wissenschaftlich begleitet und einen 3D-Rundgang erstellt und es bundesweit auf Fachkongressen vorgestellt. Insgesamt fand eine ungeheure Vielfalt an Bildungskooperationen statt, die hoffentlich inspirierend für vergleichbare Projekte ist.
Fotos: Katrin Meyer, Andreas Reichel, Kristina Sassenscheidt