2024
Mit ihrem niedrigen Kirchenschiff, dem weit heruntergezogenen Dach und den rautenförmigen Fenstern erscheint sie aus heutiger Sicht außergewöhnlich: die Lukaskirche in Sasel. In ihrer Bauzeit in den 1960er Jahren waren solche Konstruktionen, die an ein großes Zelt erinnern, ein beliebtes architektonisches Motiv für Kirchenbauwerke. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde die markante Kirche in Sasel im April 2024 abgerissen.
Der Bau der Lukaskirche begann im November 1964, und schon ein Jahr später konnte sie im Dezember 1965 eingeweiht werden. Vorausgegangen war eine Spaltung der Kirchengemeinde Sasel in einen Nord- und einen Südteil. Der nördliche Teil konnte weiter die Vicelinkirche am Saseler Markt nutzen. Der Süden aber benötigte ein eigenes Gotteshaus und beauftragte den Bau der Lukaskirche nach den Plänen der Architektin Brigitte Eckert-von Holst. Die Entwürfe sahen für die Lukaskirche eine Zeltform vor, angelehnt an das Bibel-Zitat „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ (Predigt über Hebräer 13,14). Also nicht weniger als eine architektonische Anspielung auf die Vergänglichkeit des irdischen Seins.
Diese Vergänglichkeit wurde nun auch der Lukaskirche selbst zum Verhängnis. Der Gemeinderat der evangelischen Kirchengemeinde Sasel hat im Juni 2021 die Entwidmung der Lukaskirche beschlossen, und das Landeskirchenamt hat diesen Beschluss im Februar 2022 genehmigt. Im Oktober 2022 wurde daraufhin bei der Baubehörde im Bezirk Wandsbek ein Abbruchantrag eingereicht. An Stelle der Lukaskirche soll ein Erweiterungsbau für die Kindertagesstätte entstehen, die sich bereits auf dem Grundstück befindet.
Der Abriss der Lukaskirche hat in erster Linie finanzielle Ursachen: Die evangelische Kirche nennt rückläufige Mitgliederzahlen und steigende Instandhaltungs- und Renovierungskosten als Begründung für die Aufgabe des Standorts. Bereits seit dem Jahr 2020 habe man die Gottesdienste und andere gemeindlichen Veranstaltungen komplett in die Vicelinkirche am Saseler Markt verlegt, und zwei Kirchen könne man im Stadtteil nicht unterhalten. So wären bereits für die Sanierung des Kirchturms der Vicelinkirche Kosten in Höhe von 250.000 Euro entstanden.
Einen anderen Nutzer für die Lukaskirche zu finden, sei nicht gelungen. Andere christliche Gemeinschaften hätten die Lukaskirche nicht übernehmen wollen, wobei die Lage mitten in einem Wohngebiet ohne Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr ein Grund für die Absagen gewesen sei. Nicht-christliche Religionsgemeinschaften wurden nicht befragt, da nach geltender Rechtslage festgestanden habe, dass die Lukaskirche nur einer christlichen Gemeinschaft übertragen werden hätte können. Eine Nutzung etwa als Moschee oder buddhistisches Zentrum sei daher ausgeschlossen gewesen, hieß es bereits in einer Gemeindeversammlung im Jahr 2019.
Das Denkmalschutzamt Hamburg hat die Lukaskirche leider nicht als denkmalwürdig bewertet, obwohl ihre baukulturelle Qualität mehr als augenfällig war. Der Denkmalverein bedauert diese Entscheidung sehr. Angesichts weiterhin sinkender Mitgliedszahlen bei den großen christlichen Glaubensgemeinschaften und steigender Bau- und Erhaltungskosten wird das Thema einer Umnutzung von kirchlichen Bauten auch in Hamburg weiter aktuell bleiben, wobei die Bauten aus der Nachkriegszeit in besonderem Maße betroffen sind, wie in diesem Artikel beschrieben. Wenn am Ende der Überlegungen – wie hier – noch öfter ein Abriss der Kirche stehen sollte, kann dies schlimmstenfalls zum Verlust ganzer Epochen von Kirchenarchitektur in Hamburg führen. Viel sinnvoller wären kreative Umnutzungen zu Wohnungen, Turn- und Kletterhallen oder Kulturzentren, wofür es schon zahlreiche Beispiele in ganz Deutschland gibt. Am 11. Mai 2024 wurde zu diesem Thema auch eine Online-Petition der "initiative kirchenmanifest.de" gestartet.
Letztlich stellt sich die Frage, ob vor diesem Hintergrund wirklich alle Möglichkeiten geprüft wurden, um die Lukaskirche zu retten. Hat man insbesondere eine Umnutzung der Kirche als Erweiterungsbau für die Kindertagesstätte in Erwägung gezogen und die Kosten hierfür mit dem vorgesehenen Neubau des Erweiterungsbaus abgewogen?
Fotos: Ajepbah (CC via Wikipedia), Dirtsc (CC via Wikipedia), Hans G. Oberlack (CC via Wikipedia), Knut Segebarth