2025

Die schlechten Nachrichten für Gründerzeitgebäude in Hamburg reißen leider nicht ab: Mitten in der Innenstadt fallen 2025 gleich mehrere markante Gründerzeitbauten einem großen Neubauprojekt zum Opfer. Die Gebäude liegen hinter und neben dem „Hamburger Hof“ an der Ecke Poststraße / Große Bleichen und in den Großen Bleichen. Dass es auch anders gegangen wäre, hatten alternative Entwürfe gezeigt, die sich im Wettbewerb leider nicht durchgesetzt haben.

Baugeschichte

Der „Hamburger Hof“, gelegen am Jungfernstieg mit seinem Haupteingang zur Binnenalster, kann auf eine wechselhafte Geschichte zurückblicken. Ursprünglich standen an seiner Stelle die erste Einkaufspassage in Deutschland, nämlich der exklusive „Sillem’s Bazar“, und das nicht weniger exklusive Hotel „Hotel de Russie“. Der Hamburger Kaufmann Wilhelm Sillem hatte die Passage und das Hotel nach dem Großen Brand von 1842 errichten lassen. Wirtschaftlich war der „Sillem’s Bazar“ allerdings nicht lange erfolgreich, bereits 1881 wurde die Passage abgerissen. An ihrer Stelle entstand 1881-1882 das Hotel „Hamburger Hof“. Nachdem das Gebäude 1917 durch einen Brand beschädigt worden war, wurde es zu einem Kontorhaus umgebaut. Im zweiten Weltkrieg wurde das kunstvoll gestaltete und opulent dekorierte Dach bei Bombenangriffen zerstört und anschließend durch ein schlichteres Dach ersetzt.

Erst in den Jahren zwischen 1976 und 1979 wurde der „Hamburger Hof“ zu einem Bürohaus umgewandelt und dort wieder eine Einkaufspassage eingerichtet. In den Jahren 1999/2000 wurde die Einkaufspassage zuletzt in größerem Umfang umgestaltet. Das konnte leider nichts daran ändern, dass die ersehnte kaufkräftige Kundschaft zu selten ihren Weg in die Passage fand: Wie schon bei der Vorgänger-Passage, dem „Sillem’s Bazar“, gingen die Geschäfte zuletzt schlecht. Vor diesem Hintergrund sollte ein neues Nutzungskonzept für den „Hamburger Hof“ gefunden und dann baulich umgesetzt werden. Nach einem Architektenwettbewerb entschied sich die Eigentümerin des Grundstücks für die Pläne des schweizerischen Büros Diener & Diener.

Neubau-Planung

Das Grundstück gehört dem Versicherungskonzern Munich Re und Ergo Group, für den ihr Vermögensverwalter, die MEAG (Munich Ergo AssetManagement), den Umbau des „Hamburger Hofes“ vorantreibt. Einen dreistelligen Millionenbetrag will die MEAG in den Umbau investieren, insgesamt sollen 21.000 Quadratmeter ganz überwiegend gewerblicher Mietfläche entstehen. Dabei darf natürlich eine Rooftop-Bar mit Blick auf die Binnenalster nicht fehlen. Zwar sind auch 28 frei finanzierte Wohnungen Teil der Planung, angesichts der chronischen Wohnungsnot in Hamburg dürfte dies jedoch kaum mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein sein.

Mehrere Gebäude werden im Rahmen des Bauprojekts abgerissen, darunter bedauerlicherweise auch der Gründerzeitbau an der Ecke Poststraße / Große Bleichen und seine Nachbarbauten an den Großen Bleichen. Dass es auch anders gegangen wäre, zeigen Entwürfe des Münchener Architektenbüros dreisterneplus, die einen Erhalt der Gebäude vorsahen. Im Architektenwettbewerb haben sich diese Entwürfe leider nicht durchgesetzt.

Es ist ein Trauerspiel, dass an so einer prominenten Stelle in der Hamburger Innenstadt prägende Altbauten abgerissen werden sollen. Das Eckgebäude zur Poststraße wurde zwar schon stark verändert, wie der Vergleich mit diesem historischen Bild zeigt. Aber es besitzt immer noch baukulturelle Qualitäten: Die Fassade ist gut proportioniert, und an einigen Stellen kann man erkennen, dass sie ursprünglich sehr viel lebendiger wirkte und aus Backsteinflächen mit hellen Putzornamenten bestand. Sie wurde irgendwann weiß übertüncht, aber könnte wieder abgebeizt werden. Dasselbe gilt für die historischen Nachbargebäude in den Großen Bleichen, die ebenfalls weichen sollen.

Es ist erstaunlich, dass im Wettbewerb nicht die Entwürfe weiterverfolgt wurden, die einen Erhalt der Gebäude oder zumindest ihrer Fassaden vorsahen. Das wäre nicht nur baukulturell sondern auch ökologisch sinnvoller: Abrisse verbrauchen Ressourcen und CO2, und die Folgekosten tragen wir alle als Gesellschaft. Es ist höchste Zeit, dass die bauwirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst und finanzielle Anreize für den Bestandserhalt geschaffen werden. In den zurückliegenden Jahren sind in Hamburg vermehrt Gründerzeitgebäude Neubauprojekten zum Opfer gefallen. Hamburg droht so eine wichtige Architektur-Epoche schleichend zu verlieren. Mit dem Gründerzeithaus an der Ecke Poststraße / Große Bleichen sind gleich mehrere Gebäude in prominenter Innenstadtlage betroffen.

Fotos: Kristina Sassenscheidt