2023
Das historische Ensemble aus Wohnhaus und Fabrikgebäuden prägte über 100 Jahre die Ecke Alsterdorfer Straße / Carl-Cohn-Straße im Hamburger Norden - bis die Gebäude im Jahr 2022 verkauft wurden, damit auf dem Grundstück Neubauten entstehen konnten. Der Stadtteil Alsterdorf hat damit ein weiteres Stück seiner historischen Identität verloren.
Der malerische Komplex wurde nach Auskunft des Bürgervereins Alsterdorf Ende des 19. Jahrhunderts für die Seifenfabrik der Firma Puhlmann & Sohn errichtet. Typisch für Fabrik-Ensembles dieser Zeit war die Mischung aus repräsentativem Wohngebäude und einfacher gestalteten Fabrikteilen. Zur heutigen Bilser Straße hin (wo jetzt die Autowerkstatt Lau ihren Sitz hat) befanden sich Terrassenhäuser. In einem dieser Häuser wohnte der spätere Bremer Bürgermeister Wilhelm Kaisen.
Da die Firma Puhlmann & Sohn aufgrund von Innovationen in der Waschmittelproduktion nicht mehr konkurrenzfähig war, wurde die Seifenfabrik in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre stillgelegt. Die Wäscherei Cansier, ursprünglich in der Alsterdorfer Straße 214 ansässig, übernahm die Gebäude, weil sie sich hier vergrößern konnte. Das Ensemble wurde in den späten 1930er und den frühen 1950er Jahren immer wieder erweitert und modernisiert. Der markante Schornstein wurde erst im Jahr 1937 errichtet. Das Wohngebäude wurde zwar vermutlich um 1950 herum um ein gutes Drittel vergrößert, entstuckt und neu verputzt, aber besitzt noch einen Großteil der bauzeitlichen Fenster und im Inneren zahlreiche originale Tür- und Fensterrahmen.
Leider hat das Denkmalschutzamt auf Nachfrage des Denkmalvereins Ende 2022 hin eine Unterschutzstellung abgelehnt, weil es das Ensemble als geschichtlich nicht bedeutend genug und zu stark verändert bewertete. Der Abriss des stadtbildprägenden Ensembles ist sowohl aus baugeschichtlichen als auch aus ökologischen Gründen sehr zu bedauern.
Fotos: Tobias Posadowsky